Speziell in der Finanz-Influencer-Szene (Neudeutsch: Finfluencer) tummeln sich viele Vertreter, die sich ausschließlich auf Dividendenwerte konzentrieren, und dabei vor lauter Tunnelblick auf die Dividendenrendite, ganz darauf vergessen, dass es viel wichtigere Kennzahlen gibt. Warum eine Dividendenstrategie nichts für mich ist, möchte ich euch in diesem Beitrag näher bringen. Außerdem werde ich euch ein paar Hochdividendenwerte vorstellen, und darlegen, warum so eine hohe Dividendenrendite nicht nachhaltig sein kann. Viel Spaß!

Ist die Dividendenrendite zweistellig, ist es angebracht für das jeweilige Unternehmen zu beten. White Temple Chiang Rai, Thailand, Dezember 2022

Was ist überhaupt eine Dividende?

Im Wesentlichen ist eine Dividende eine Beteiligung am Gewinn eines börsennotierten Unternehmens, welche an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Dabei ist es besonders wichtig, dass diese Dividende auch verdient wird, was bei einigen Unternehmen, die uns später in diesem Beitrag begegnen werden, nicht der Fall ist. Den/die Ausschüttungstag(e) bestimmt das Unternehmen, wobei in Europa eine jährliche Ausschüttung die Regel ist, während in Amerika jedes Quartal die Aktionäre beglückt werden. Damit ist man als Aktionär schon mal Passagier, denn man kann sich die Ausschüttungstage nicht selbst aussuchen. Was man machen könnte, ist eine Portfolio-Zusammenstellung, die sich ausschließlich an den Ausschüttungstagen orientert und sich dadurch den Cash-Flow Kalender zusammenbastelt. Das ist übrigens gleich bescheuert wie wenn man sich Konzertkarten kaufen würde für Tage, an denen man Zeit hat, unabhängig wer das Konzert bespielt. Egal ob Hansi Hinterseer, Rammstein oder Jürgen Drews, es würde jedenfalls einen spannenden Musikmix ergeben 😉

Wer bestimmt die Dividende und wie fix ist sie?

Grundsätzlich bestimmt das Unternehmen selbst die Höhe der Ausschüttung pro Aktie. Einige Aktien schütten gar nichts aus, sondern investieren ihre Gewinne ins eigene Wachstum. Solche Aktien werden auch als Wachstumsaktien bezeichnet. Eine gute Seite, um sich einen Überblick über die Dividenden seiner favorisierten Unternehmen zu verschaffen, ist www.dividendmax.com. Die oben erwähnte Höhe der Ausschüttung pro Aktie kann aber auch mal 0 betragen, und alle Leute, vor allem die oben genannten „Finfluencer“, die Zitate wie „Die Dividende ist der neue Zins!“ zum Besten geben, sollten sich das mal hinter die Ohren schreiben. Es gibt aber auch Firmen, die ihre Dividenden über einen sehr langen Zeitraum kontinuierlich angehoben haben und sich zu den sogenannten Dividenden-Aristokraten zählen dürfen. Diese Unternehmen haben ihre Dividende mindestens 25 Jahre angehoben. Beispiele hierfür sind: McDonalds, Coca Cola, Johnson & Johnson, Procter & Gamble. Aktuell sind das 62 Unternehmen weltweit. Diese Qualitätsunternehmen haben aber auch ihren Preis in Form eines höheren Kurses, was die Dividendenrendite klein erscheinen lässt.

Der Empfang von Dividenden ist wie das Essen von Dessert. Es ist ein angenehmer Bonus, aber es sollte nicht das Hauptgericht sein.

Jason Voss

Was ist die Dividendenrendite?

Eine watscheneinfache Formel, die da lautet: Ausschüttung pro Aktie / aktueller Preis der Aktie. Als Beispiel sei hier mal die oben erwähnte Aktie von McDonalds angeführt (Stand 20.02.2023): Dividende pro Aktie = 6,08 $ / Preis pro Aktie = 269,99 $ macht eine Dividendenrendite von 2,25 %. Bei der Dividendenrendite, die sich natürlich tagesaktuell, je nach Börsenkursentwicklung ändert, ist vorteilhaft, auf die persönliche Dividendenrendite zu schauen, und nicht auf die aktuelle. Hat man beispielsweise die McDonalds Aktie am 01.12.2020 zu einem Preis von 214,58 $ gekauft, so beträgt die persönliche Dividendenrendite 2,83 %. Was führt also zu einer hohen Dividendenrendite:

Fall 1: Die Ausschüttung wird kräftig erhöht, da es beispielsweise ein herausragendes Geschäftsjahr war. Allerdings wird nach einem herausragenden Geschäftsjahr erfahrungsgemäß auch der Aktienkurs einen Steigflug hinlegen, womit die Dividendenrendite wieder eingefangen wird. Die oben erwähnte persönliche Dividendenrendite würde, vorausgesetzt man ist schon längere Zeit Besitzer einer Aktie, gewaltig steigen.

Fall 2: Der Kurs bricht ein, da es beispielsweise einen Skandal in der Firma gegeben hat (viele werden sich noch an den Dieselskandal bei VW erinnern), der den Aktienkurs in Richtung Süden geschickt hat. Gibt es solche Skandale, bricht normalerweise gleich mal der Aktienkurs ein, was zu hohen Dividendenrenditen führt, aber üblicherweise wird dann auch die Dividende gekürzt oder gar ganz gestrichen. Unten abgebildet, die Dividendenentwicklung von VW, wo der Dieselskandal unschwer zu erkennen ist. Hätte man also unmittelbar nach dem Dieselskandal die Aktie gekauft, so wären da knapp 5 € Dividende draufgestanden, und dementsprechend eine hohe Dividendenrendite. Die Dividende wurde dann aber kräftig gestutzt und man stand mit fast leeren Händen da, zumindest im Jahr 2016.

Dividendenentwicklung von VW. Quelle: www.boerse.de

Und hier fängt das ganze dann etwas zu stinken an. Es gibt Firmen, die eine zweistellige Dividendenrendite ausweisen, aber sieht man sich die Dividenden-Aristokraten an, so ist keine von diesen Firmen ein Aristokrat, was uns stutzig machen sollte. Der Grund ist einfach: Solch hohen Dividendenrenditen kommen zustande, in dem keiner die Aktie haben will, sprich der Kurs fällt, und normalerweise gibt es Gründe wieso das so ist. Sei es eine hohe Verschuldung, inkompetente Führung, Wegbrechen eines Geschäftsmodells oder regulatorische Hindernisse, was zu diesem Vertrauensverlust führen kann.

Ein aktuelles Beispiel ist die Firma Intel. Bis vor kurzem betrug die Dividendenrendite noch über 5 %. Nach brutal schlechten Geschäftszahlen wurde am 22.02.2023 die Dividende um satte 66 % zusammengekürzt. So viel zum Thema, Dividenden sind verlässlich.

Dividendenentwicklung von Intel, wohlgemerkt ohne die 66 % Kürzung im Jahr 2023. Quelle: www.boerse.de

Unternehmen mit hoher Dividendenrendite

Schauen wir uns die aktuellen (Stand 20.02.2023) Top-Dividendenrenditen an. Ich habe dazu die Website www.aktienfinder.net verwendet und hier die Top 3:

  • CVR Energy, USA: 14,99 %
  • Solar, Dänemark: 14,45 %
  • PhosAgro, Russland: 13,85 %

Das liest sich ja schon toll: Fast 15 % Rendite pro Jahr, wer kann da Nein sagen 😉

Wie oben erwähnt, ist eine Dividende eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens. Dabei gibt die Ausschüttungsquote an, wie viel % des Gewinns an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Und diese Ausschüttungsquoten haben es in sich:

  • CVR Energy, USA: 142,9 %
  • Solar, Dänemark: 99,9 %
  • PhosAgro, Russland: 96,2 %

Die Kollegen von CVR Energy schütten also mehr aus als sie verdienen und die beiden anderen hauen ihren kompletten Gewinn an die Aktionäre raus. Normalerweise sollten Unternehmen nicht nur an die Aktionäre denken, sondern auch selbst in die Zukunft investieren, um zu wachsen. Schütten sie alles aus, bleibt dafür aber nichts mehr übrig, weshalb ich von solchen Werten die Finger lassen würde, auch wenn sie noch so beworben werden aufgrund ihrer Dividendenrendite.

Fassen wir also mal zusammen: Wenn die Dividendenrendite die einzige Kennzahl ist, die herausragend ist, bitte die Finger von so einem Unternehmen lassen!

Warum verfolge ich keine Dividendenstrategie?

Weil mein Ziel nicht laufende Erträge durch Dividenden sind, sondern ein ansprechender Vermögensaufbau. Durch meinen breit gestreuten Ansatz, bei dem ich versuche, die ganze Weltwirtschaft so gut es geht abzubilden, investiere ich natürlich auch in Hochdividendenwerte, da diese nun mal im ETF enthalten sind. Ausschüttungen brauche ich nicht, stattdessen sollen diese vollautomatisch wieder in den ETF investiert werden. Für den Cashflow ist mein Arbeitgeber zuständig, den ich im Gegenzug mit meiner Arbeitsleistung entschädige. Und da mir ohnehin der Finanzminister gemeinsam mit den Sozialabgaben einen sehr großen Teil davon wegnimmt, möchte ich Vater Staat nicht auch noch Steuereinnahmen durch Ausschüttungen (die ab dem ersten Cent sofort mit 27,5 % besteuert werden) zukommen lassen. Ein weiterer Grund ist das Einzeltitelrisiko, wenn man auf einige wenige Dividendentitel setzt und welches ganz klar im Gegensatz zu meinem breit gestreuten Ansatz steht. Es gibt zwar auch ausschüttende ETFs, aber da werden dann eben auch sofort Steuern fällig am Ausschüttungstag. Daher breit gestreut in thesaurierende ETFs. Ganz ohne Steuern geht es aber auch bei diesen Produkten nicht, doch das ist etwas komplizierter und wird Teil eines eigenen Beitrags werden.

Und wie ich dann irgendwann mal das investierte Kapital entnehme, möchte ich zu 100 % selbst bestimmen und nicht den Unternehmen überlassen, ob sie gerade genug erwirtschaftet haben, um auszuschütten und wenn ja, will ich mir sicher nicht vorschreiben lassen, wann es ausgeschüttet wird. Der Pilot meines Portfolios bin ich, und sonst keiner! Über meinen angestrebten Entnahmeplan, der zugegeben noch sehr weit in der Zukunft liegt, wird es schon bald einen eigenen Beitrag geben.

Bitte versteht mich nicht falsch. Mit diesem Beitrag möchte weder Dividendenaktien-Bashing betreiben, noch irgendwelche Finfluencer beleidigen, sondern ganz einfach meine Sicht auf die Dinge darlegen. Es gibt qualitativ hochwertige Unternehmen, die auch eine ansprechende Dividende zahlen, und damit meine ich nicht die oben genannten Unternehmen, die ihren kompletten Gewinn (oder noch mehr) an die Aktionäre ausschütten, sondern wirkliche Qualitätstitel, die auch ihren Preis haben.

Wenn man investiert, ganz egal, ob in Dividenden-Einzeltitel oder so wie ich in thesaurierende ETFs, macht man schon sehr viel richtig und man ist einem Großteil seiner Landsleute bezüglich Altersvorsorge mehr als einen Schritt voraus. In diesem Sinne, immer brav investiert bleiben, worin auch immer, und geduldig sein.

Haftungsausschluss: Long Run Value betreibt keinerlei Rechts-, Steuer- oder Anlageberatung und spricht keine Handlungsempfehlungen aus. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr. Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s