Richtig, es geht wieder um ein Buch, und zwar wieder eines von Morgan Housel, von dem ich sein älteres Werk The Psychology of Money schon zweimal gelesen habe und natürlich auf diesem Blog schon vorgestellt habe. In diesem Beitrag soll es um das jüngere Buch Same as ever: A guide to what never changes gehen, in dem es nicht ganz so sehr um Finanzen, sondern eher um zeitlose Weisheiten aus vielen tausend Jahren Evolution des Menschen geht. Eine Vorstellung des Autors spare ich mir in diesem Beitrag und wir kommen gleich zum Inhalt.

Worum geht es?
Ich bin zwar mit meinen 33 Jahren mit noch nicht ganz so viel Lebenserfahrung gesegnet, doch auch mir fällt mittlerweile auf, dass sich bestimmte Dinge einfach nie ändern, während beispielsweise der technische Fortschritt gefühlt immer schneller vonstattengeht: In meinem Geburtsjahr 1991 waren die Fernseher schwer wie Waschmaschinen; man telefonierte über das Festnetz und surfen konnte man nur auf einem Brett im Meer. Heute geht das alles über ein Smartphone, was ca. 200g wiegt, in die Hosentasche passt und dir in Echtzeit Sprachen übersetzen kann. Aber was sind nun die Dinge, die sich nie ändern? Darauf liefert Morgan Housel spannende Antworten und die Highlights werde ich hier zusammenfassen und starte gleich einmal mit einem Zitat, was ganz am Ende des Buches vorkommt:
When you focus on what never changes, you stop trying to predict uncertain events and spend more time understanding timeless behavior. Wenn du dich darauf konzentrierst, was sich nie ändert, hörst du auf, ungewisse Ereignisse vorherzusagen, und verbringst mehr Zeit damit, zeitloses Verhalten zu verstehen.
Und genau auf diese sich nie ändernden Dinge fokussieren wir uns nun:
Ich habe auf diesem Blog schon öfter davon geschrieben, dass Prognosen ziemlich oft für die Tonne sind. Aber viele Leute sehnen sich so sehr nach einer Richtschnur durchs Leben, sodass sehr wichtige (finanzielle) Entscheidungen darauf ausgerichtet werden können. Ein Best-of solcher Crash-Prognosen gibt es in den unten verlinkten Beiträgen nachzulesen.
We are very good at predicting the future, except for the surprises—which tend to be all that matter. Wir sind sehr gut darin, die Zukunft vorherzusagen, außer wenn es um Überraschungen geht – die aber alles ausmachen.
Da aber Überraschungen definitionsgemäß nicht vorhersagbar sind, kann man Prognosen, genauso wie hochkomplexe Modellrechnungen, die zwar nett aussehen, aber genauso wenig Überraschungen in irgendeiner Form berücksichtigen können, nie vertrauen. Daher eine erste Kernaussage dieses Buches: Prognosen wird es immer geben. Bei jenen, die sich im Nachhinein als richtig erweisen, hat Glücksgöttin Fortuna nachgeholfen. Da kann in Zukunft auch die KI wenig ausrichten.
Ein weiterer Punkt, der sich nie ändern wird, ist das Streben der Menschen nach einem glücklichen Leben oder Happiness im Englischen.
The first rule of a happy life is low expectations. If you have unrealistic expectations you’re going to be miserable your whole life. You want to have reasonable expectations and take life’s results, good and bad, as they happen with a certain amount of stoicism. Die erste Regel für ein glückliches Leben lautet: niedrige Erwartungen. Wenn du unrealistische Erwartungen hast, wirst du dein ganzes Leben lang unglücklich sein. Du solltest vernünftige Erwartungen haben und die Ergebnisse des Lebens, sowohl gute als auch schlechte, mit einer gewissen Gelassenheit akzeptieren.
Ich war lange Zeit im Ausland, in einem Land, wo der Lebensstandard der „normalen“ Leute bei weitem nicht an unseren Standard heranreicht. Waren diese Menschen unglücklicher? Ganz und gar nicht, eher im Gegenteil: Durch unsere ausgeprägte Neid-Gesellschaft. (Ja, der Neid ist auch ein Ding, was immer in uns Menschen sein wird) Besonders ausgeprägt ist das hier in Österreich, aber das ist nur eine persönliche Vermutung, die wissenschaftlich nicht belegt ist, sind viele Leute unglücklich, wenn der Nachbar ein teureres Auto, ein größeres Haus und eine schönere Frau hat, obwohl sich an der eigenen Situation nichts geändert hat. Es ist nur die Erwartung eine andere geworden, und diese Erwartungen gering genug zu halten ist eine wichtige Tugend für ein glückliches Leben. Nicht zu verwechseln mit „Dream big“!
Menschen waren immer schon empfänglich für schlechte Nachrichten. Das wird auch in Zukunft so sein. Gefühlt passieren auf der Welt immer mehr schlimme Dinge.
The odds of a bad news story—a fraud, a corruption, a disaster—occurring in your local town at any given moment is low. When you expand your attention nationally, the odds increase. When they expand globally, the odds of something terrible happening in any given moment are 100 percent. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine schlechte Nachricht – ein Betrug, eine Korruption, eine Katastrophe – in Ihrer lokalen Stadt zu einem bestimmten Zeitpunkt auftritt, ist gering. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit national ausweiten, steigen die Chancen. Wenn Sie es global betrachten, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass in jedem gegebenen Moment etwas Schreckliches passiert, 100 Prozent.
Die rasende Verbreitung von Informationen, gepaart mit dem Umstand, dass einfach viel mehr Menschen auf diesem Planeten leben als vor 50 Jahren, lässt uns der Illusion erliegen, dass die Welt immer mehr dem Abgrund zusteuert. Dass dem nicht so ist, hat der, schon öfter auf diesem Blog zitierte Hans Rosling in seinem Buch Factfulness, faktenbasiert dargelegt. So dumm es klingen mag, aber statistisch muss immer irgendwo etwas Schlimmes passieren. Bedenklich wäre das Gegenteil, denn das würde bedeuten, dass der weltweite Informationsfluss irgendwo stockt. Dann hätten wir wirklich ein Problem. Daher nicht gleich die Zukunft abschreiben, wenn wieder irgendwo eine Katastrophe passiert, sondern Lehren daraus ziehen und versuchen, die Welt ein Stück besser zu machen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist der weltweite Flugverkehr: Zu den Anfangszeiten eher ein Selbstmordkommando und mittlerweile die sicherste Form zu reisen. Warum? Weil ständig aus Fehlern gelernt wird und das „System“ als ganzes Stück für Stück verbessert wurde und wird.
Da schließt auch die nächste Textstelle an, die ich mir in diesem großartigen Buch markiert habe und eine Antwort auf die Frage liefert: Wie muss man gestrickt sein, um (ziemlich sicher eintretende) Katastrophen auszuhalten? (Das gilt vor allem in finanzieller Hinsicht)
Those who acknowledge that history is a constant chain of problems and disappointments and setbacks, but who remain optimistic because they know setbacks don’t prevent eventual progress. They sound like hypocrites and flip-floppers, but often they’re just looking further ahead than other people. Diejenigen, die anerkennen, dass Geschichte eine ständige Kette von Problemen, Enttäuschungen und Rückschlägen ist, aber dennoch optimistisch bleiben, weil sie wissen, dass Rückschläge den letztendlichen Fortschritt nicht verhindern. Sie klingen wie Heuchler und Wankelmütige, aber oft blicken sie einfach weiter in die Zukunft als andere Menschen.
Diese werden als rationale Optimisten bezeichnet. Umgemünzt auf die Geldanlage heißt das: Man sollte genug in Risiko investiert sein, um die langfristigen Chancen zu nutzen (Aktien), aber gleichzeitig auch genug Cash auf der Seite haben, um Katastrophen durchzustehen. Daher auch die eiserne Reserve auf einem jederzeit verfügbaren Tagesgeldkonto. Genau diese Unglücke nutze ich mit meinem Portfolio, indem ich die Investitionsreserve in „schlechten Zeiten“ auflöse, um am Aktienmarkt antizyklisch zu investieren, immer mit dem langfristigen Zeithorizont im Hinterkopf. So geschehen im Jahr 2022, als die Inflation den Zentralbanken entglitt.
Zum Abschluss dieses Beitrags noch 2 Textstellen, die uns alle daran erinnern sollten, dass viele Dinge gar nicht hochkomplexes Wissen benötigen, um am Ende Erfolg zu haben:
In finance, spending less than you make, saving the difference, and being patient is perhaps 90 percent of what you need to know to do well. But what’s taught in college? How to price derivatives and calculate net present value. In health it’s sleep eight hours, move a lot, eat real food, but not too much. But what’s popular? Supplements, hacks, and pills. Im Finanzwesen ist es vielleicht 90 Prozent dessen, was man wissen muss, um erfolgreich zu sein, weniger auszugeben, als man verdient, die Differenz zu sparen und Geduld zu haben. Aber was wird im College gelehrt? Wie man Derivate bewertet und den Nettobarwert berechnet. Im Gesundheitsbereich sind es acht Stunden Schlaf, viel Bewegung, echte Nahrung zu sich nehmen, aber nicht zu viel. Aber was ist beliebt? Nahrungsergänzungsmittel, Tricks und Pillen.
Warum das so ist, liefert der Autor gleich nach:
Complexity gives a comforting impression of control, while simplicity is hard to distinguish from cluelessness. Komplexität vermittelt einen beruhigenden Eindruck von Kontrolle, während Einfachheit schwer von Ahnungslosigkeit zu unterscheiden ist.
Auch meine Anlagestrategie verzichtet auf spektakuläre Trades, Hochrisiko-Krypto-Abenteuer und schwindlige Geschäfte. Ich halte es einfach und möchte davon langfristig profitieren, nicht mehr und nicht weniger. Ich hoffe, ihr macht das auch so, und in einigen Jahren erfreuen wir uns an den Entscheidungen, die wir im Jetzt getroffen haben.
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