Während Österreich noch verzweifelt versucht, das immer größer werdende Budgetloch zu stopfen – und langsam erkennt, dass uns das Pensionssystem finanziell um die Ohren fliegt – sind andere Länder längst einen Schritt weiter. Polen etwa arbeitet bereits intensiv daran, sein Rentensystem zukunftsfit zu machen. Grund genug, einen genaueren Blick auf die aktuellen Entwicklungen dort zu werfen. Vielleicht findet unsere Regierung ja endlich den Mut, von bloßer Symptombekämpfung auf echte Reformen umzuschalten. Man wird ja wohl noch träumen dürfen. 😉

Was macht Polen?

Eigentlich ist das Ganze relativ simpel und unbürokratisch:

Über das „persönliche Investmentkonto“ sollen Sparer in Bankeinlagen, Anleihen, Investmentfondsanteile, Aktien oder ETFs investieren können, und zwar steuerfrei bis zu einem Betrag von 100.000 Zloty (rund 23.000 Euro) – normalerweise wird auf Kapitalerträge in Polen eine Abgeltungsteuer von 19 Prozent fällig. Beträge, die über 100.000 Zloty hinausgehen, sollen mit einer Vermögenssteuer in Höhe von 0,8 oder 0,9 Prozent belegt werden. Sie bemisst sich am durchschnittlichen Depotwert eines Jahres. (Quelle)

Richtig toll finde ich folgendes Statement des polnischen Finanzministers Andrzej Domański:

Uns ist Einfachheit und uneingeschränkter Zugang zu Kapital wichtig, um eine Aktienkultur aufzubauen. Man habe dazu praktisch alle derzeit in der Europäischen Union bestehenden Konzepte analysiert und sei zu dem Schluss gekommen, dass das schwedische Modell das beste sei. Diesem wolle man nun folgen.

Einfach mal geschaut was die anderen so machen und aufs eigene Land adaptiert. Ich wünschte, wir hätten so einen Finanzminister in Wien sitzen.

Warum macht das Polen?

Man kann darüber nur spekulieren, denn offizielle Stellungnahmen dazu habe ich keine gefunden. Fakt ist jedoch: Polen geht derzeit Schritte, die wir in Österreich schon vor Jahren hätten setzen können – oder besser gesagt: müssen. Auch in Polen wird die Bevölkerung im Schnitt immer älter, und die staatlichen Pensionen, die ohnehin niedriger ausfallen als bei uns, werden zunehmend schwerer finanzierbar. Der Staat wird also immer mehr zuschießen müssen. Genau dieses Zuschießen praktizieren wir in Österreich bereits seit Jahren – und wundern uns heute, wie es zu einem derart massiven Budgetloch kommen konnte.

Ich gehe davon aus, dass Polen seine staatlichen Pensionszahlungen künftig bremsen möchte und deshalb in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entsprechende Reformen anstoßen wird. In diesem Zusammenhang erscheint es klug, die private Vorsorgesäule gezielt zu stärken – denn je breiter die Altersvorsorge aufgestellt ist, desto leichter lassen sich Anpassungen im staatlichen System umsetzen. Österreich hat diesen Schritt versäumt. Heute beklagen sich viele, wenn die staatliche Pension nicht vollständig an die Inflationsrate angepasst wird – was wenig überrascht, da nur ein kleiner Teil der Pensionist:innen auf ein mehrsäuliges Vorsorgemodell zurückgreifen kann. Genau diese strukturelle Schwäche versucht Polen, meiner Einschätzung nach, rechtzeitig zu vermeiden.

Etwas läuft hier aus dem Ruder. Quelle: Kurier

Und was macht Österreich?

Es ist das altbekannte Muster: Von Wahl zu Wahl hangeln, Budgetlöcher notdürftig flicken, bloß die größte Wählergruppe – die Pensionist:innen – nicht verärgern, und echte Reformen? Die landen zuverlässig auf der langen Bank. Was fehlt, ist eine Vision. Kein Plan, wie Österreich 2040 oder darüber hinaus aussehen soll. Stattdessen wursteln wir uns weiter durch – und langsam frage ich mich: Wann merken die Wähler:innen endlich, dass dieses System auf Dauer nicht zu halten sein wird?

Haftungsausschluss: Long Run Value betreibt keinerlei Rechts-, Steuer- oder Anlageberatung und spricht keine Handlungsempfehlungen aus. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr. Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

Hinterlasse einen Kommentar