In den letzten Tagen ist sicher der eine oder andere Leser auf die Nachricht über die gigantischen Subventionen, die der US-Halbleiterkonzern Intel vom deutschen Staat bekommt, gestoßen. Knapp 10 000 000 000 € werden da in die Hand genommen, damit Europa in Sachen Halbleiter wieder einigermaßen auf der Weltbühne ernst genommen wird. Die letzten Jahre haben uns in „good old Europe“ ordentlich wach gerüttelt und uns gezeigt, dass die Welt kein Ponyhof ist, sondern eine Arena wo sich die Großmächte dieser Erde entsprechend behaupten müssen. Eine Großmacht waren wir in Europa zwar auch mal, aber diese Zeiten sind lange vorbei. Um nicht komplett von den anderen Großmächten überrannt zu werden, hat der Großteil der Politik die Lage erkannt und steuert nun mit solchen Maßnahmen gegen die immer bedrohlichere Entwicklung für Europa.

Wie schlecht es um die Halbleiterindustrie in Europa bestellt ist, zeigt diese Statistik, wo die größten Halbleiterhersteller aufgelistet sind und Europa nicht in den Top 10 vertreten ist. In diesem Beitrag schauen wir uns mal an, was eine solche Förderung aus der Sicht von uns Investoren bedeutet.

Wer zahlt das Ganze?
Geldgeber ist der Staat Deutschland, oder besser gesagt der Steuerzahler. Sind die gefragt worden? Natürlich nicht! Für das haben wir ja Volksvertreter, die uns solche Entscheidungen abnehmen sollen. Übrigens schafft Intel direkt 3000 Arbeitsplätze, was bedeutet, dass der Staat jeden Arbeitsplatz mit 3,3 Millionen € fördert. Eine ziemlich hohe Zahl, die mich nachdenken lässt, wann sich diese Investition amortisiert. Ganz so einfach ist die Rechnung nicht, da hier indirekt geschaffene Arbeitsplätze außen vor gelassen werden, aber es zeigt auch, dass in Deutschland in Sachen High-Tech Arbeitsplätze der Hut brennt, wenn der Staat die große Geldspritze auspacken muss.

Was wären die Alternativen?
Anscheinend gibt es keine, nur so ist diese extrem hohe Summe zu erklären. Eine Alternative wäre gewesen, hier schon vor 20-30 Jahren gegenzusteuern und ein Ökosystem zu schaffen, damit solche Firmen sich hier vom Start-up zu einem Weltkonzern entwickeln können. Den gleichen Fehler machen wir aktuell auch beim Thema KI, was der österreichische Professor Sepp Hochreiter in einem Interview sehr treffend auf den Punkt bringt:
Wir sind sehr träge. Und da rede ich von Europa im Generellen und von Österreich im Speziellen. Wir leben in verkrusteten Strukturen. Europa ist zu wenig flexibel. Nutzer in Asien oder in Amerika begegnen einer neuen Technik sehr offen: ´Das probiere ich mal aus.´ In Europa denken die Unternehmen deutlich konservativer: ´Schauen wir mal, was die anderen machen.‘
KI-Professor Sepp Hochreiter in einem Interview mit CGM
Warum wird das Geld nicht in die Bildung gesteckt? Ganz einfach: Bis das „wirkt“ ist die Halbleiterindustrie in Europa ausgestorben. Bitte aber nicht falsch verstehen, denn eine Investition in Bildung ist immer eine der besten Investitionen in die Zukunft, nur in diesem konkreten Fall ist ein sehr großer und sofortiger Handlungsbedarf gegeben. Dennoch gehört der Bildung sowohl von staatlicher Seite, als auch von den Menschen selbst, ein deutliches Upgrade verpasst, um nicht die nächsten Trends, die garantiert kommen werden, ebenfalls zu verschlafen.
Meine Erwartung für die Zukunft
„Friede-Freude-Eierkuchen“ und „Wir haben uns alle lieb“ spielt es einfach nicht auf dieser Welt. Das dürften auch die radikalsten „Gutmenschen“ begriffen haben. Speziell die letzten Monate und Jahre haben uns gezeigt, dass alle Regionen dieser Erde permanent im Wettbewerb stehen. Und angesichts der Herausforderungen, die uns bevorstehen, wird dieser Wettbewerb immer intensiver werden. Es wird ein Wettrüsten geben, und zwar eines der Subventionen. Denn diese 10 Milliarden der Deutschen sind auch nur ein Teil von Europas Antwort auf den amerikanischen „Inflation Reduction Act“ der Biden Administration, welcher 400 000 000 000 $ umfasst. China sieht da auch nicht tatenlos zu und hat kürzlich ein Subventionspaket für die Elektroautoindustrie im Umfang von 66 000 000 000 an den Start gebracht.
Wie man sieht, ist das Wettrüsten längst in „full swing“, wie die Amis sagen würden. Aber was bedeutet das für uns Investoren. Zuallererst sind dies sehr positive Nachrichten, da die Weltmächte erkannt haben, dass ohne eine starke wirtschaftliche Position auf der Weltbühne man schnell ins Hintertreffen geraten kann, wie man am Beispiel Europa aktuell unschwer erkennen kann. Und wenn die Weltmächte ihrer Wirtschaft unter die Arme greifen, ist das nicht schlecht für den Aktienmarkt und uns Investoren. Aus diesem Blickwinkel bin ich sehr optimistisch für die Zukunft, jedoch hat der ganze Spaß einen Haken: Wird bei den Subventionen genauso übertrieben wie bei den Corona-Hilfen, so wird auch die Inflation in naher Zukunft wieder neue Höchststände erreichen. Es bleibt also spannend, wie dieses Wettrüsten weitergeht.
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